Einsprachigkeit oder Mehrsprachigkeit würdigen? Der Diskurs um Sprachlichkeit in der Geschichte des Adelbert- von- Chamisso- Preises
Beatrice Occhini
2022-01-01
Abstract
Mehrsprachigkeit gilt als eine brisante Schreibpraxis der zeitgenössischen deutschsprachigen Literatur, deren Signifikanz sich in den letzten dreißig Jahren parallel mit der Entfaltung eines transkulturellen ästhetischen Raums profilierte. Diese Entwicklung lässt sich als literarischer Reflex der durch die verschiedenen Migrationswellen sowie die fortlaufenden Globalisierungsprozesse ausgelösten soziokulturellen Transformationen verstehen, die zu einer Hinterfragung der Bestimmungsgrundlagen der deutschen kulturellen Identität führten (GRAMLING 2011). In der Germanistik ist diese Diskussion in der progressiven Verschiebung von Begriffen von der «deutschen Literatur» zur «deutschsprachigen Literatur» abzulesen (ESSELBORN 2009: 51-53). Bei eingehender Betrachtung erweist sich allerdings diese Zentralität der Einsprachigkeit als problematisch, da die Sprache dabei zum Assimilationsinstrument wird (STURM-TRIGONAKIS 2007: 48) und die Gefahr läuft, dass die tatsächliche sprachliche Vielfalt der in Deutschland lebenden Bevölkerung zugunsten eines monolinguistischen − und monokulturellen − Modells überschattet wird (GRAMLING 2011). Dementsprechend beschränkt sich literarische Mehrsprachigkeit den aktuellsten Forschungstendenzen nach nicht auf eine realistische oder deskriptive Darstellungsfunktion (SEPP 2017), sondern reflektiert kritisch die kulturpolitischen Machtverhältnisse eines bestimmten Kontexts (YILDIZ 2012: 1-29; DEMBECK/PARR 2017), wodurch sie als eine subversive Schreibpraxis im Sinne Ernst (2013) verstanden werden. Dieser Gegensatz zwischen Ein- und Mehrsprachigkeit in der Bestimmung Literarischer Grenzen lässt sich an der sich wandelnden diskursiven Kodifizierung des an Autoren nicht-deutscher Herkunft verliehen Literaturpreises „Adelbert-von-Chamisso“ (1985-2017) ablesen.File in questo prodotto:
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